Lateinamerika

Lateinamerika umfasst begrifflich alle Staaten Amerikas mit spanischer oder portugiesischer Kolonialgeschichte. Deswegen sind entweder Spanisch oder Portugiesisch die Amtssprachen dieser Länder. Die beiden romanischen Sprachen haben sich aus dem Lateinischen entwickelt, woraus die Bezeichnung "Lateinamerika" resultiert.

Der einzige lateinamerikanische Staat in Nordamerika ist Mexiko. Nach Süden hin folgen alle Staaten Mittelamerikas, ausgenommen Belize, eine ehemals britische Kolonie. Den größten Anteil Lateinamerikas stellen die Staaten des südamerikanischen Subkontinents mit Ausnahme von Französisch-Guayana und Guayana, die britische Überseegebiete waren, sowie Suriname als frühere niederländische Kolonie. Ferner zählen die meisten karibischen Inseln zu Lateinamerika. Dies sind Puerto Rico, Kuba, Haiti und die Dominikanische Republik.

Spanier und Portugiesen brachten nicht nur ihre Sprachen mit, sondern auch viele kulturelle Traditionen, die sich durch die Unterwerfung der Länder dort schnell verbreiteten. Die immense Bedeutung des katholischen Glaubens ist ein wesentliches Merkmal aller lateinamerikanischen Staaten. Ein Großteil der Bevölkerung stammt jedoch nicht von Portugiesen und Spaniern ab, sondern von Afrikanern. Die Kolonialmächte verschleppten sie massenweise als Sklaven, wo sie vor allem auf Zuckerrohrplantagen schuften mussten. Ein relativ kleiner Teil der Einwohner Lateinamerikas wurzelt in einer unübersehbaren Vielzahl indigener (modern: autochthoner) Ethnien. Insgesamt hat eine genetische Vermischung all dieser Gruppen stattgefunden, weswegen von Lateinamerika, analog zu den USA, von einem "melting pot" gesprochen wird.

Die rigorose Ausbeutung der lateinamerikanischen Länder durch die Kolonialmächte und die Unterdrückung der Urbevölkerung sowie die Sklaverei haben seit dem 19. Jahrhundert sozialrevolutionäre Bewegungen hervorgebracht. Dieses historische Erbe und die Opposition gegen die grausamen Militärdiktaturen haben bis heute Einfluss auf die politische Situation. In vielen Staaten Lateinamerikas existieren krasse soziale Unterschiede. So ist nicht nur ein starkes Stadt-Land-Gefälle festzustellen, sondern auch ein tiefer Gegensatz innerhalb der städtischen Bevölkerung (Slums), insbesondere in den Metropolen.

Lateinamerika umfasst durch seine enorme Ausbreitung über verschiedene Klimazonen hinweg auch eine große landschaftliche Vielfalt. Heiß- und Trockenwüsten wechseln mit Kakteensavannen ab und im Hochgebirge der Anden gedeihen alpine Matten. Landläufig bekannt sind die tropischen Regenwälder, weniger im Bewusstsein sind die Eisschilde Südchiles. Durch die geologische Abspaltung hat sich auf dem südamerikanischen Subkontinent eine eigene Flora und Fauna evolviert. Biologen sprechen hier von der "neotropischen" Region. Der Begriff "Neuweltaffen" ist in diesem Zusammenhang sprichwörtlich.